"Schritte der Heilung" Bewegende Firobe Chile

(eh)- "Alkoholiker ist, wer den ganzen Tag schlecht frisiert auf einer Parkbank liegt, ins Gebüsch pinkelt und grundsätzlich stinkt, wie ein alter Turnbeutel". Mit diesem Zitat von Simon Borowiak eröffnete Pfarrer Brauchart den Samstagabend-Gottesdienst. Er räumt mit ein paar weiteren Klischees rund um Alkoholkranke auf und erklärte, dass Alkoholiker und Alkoholikerinnen Menschen sind wie du und ich, meist einer geregelten Arbeit nachgehen und gut situiert sind. Das Schema nach Borowiak (ALK-fast ein medizinisches Sachbuch), welches Hobby-Trinker, Amateure, Profis, Vollprofis und Spiegeltrinker erläutert, liess den einen oder andern Zuhörer nachdenklich werden.

 

Brauchart begrüsste Felix und Kirsten, zwei Mitglieder der AA Aargau, welche es geschafft haben, einen Weg aus der Abhängigkeit in ein selbstständiges und selbstbewusstes Leben zu finden. 

Beide sprachen offen über die Anfänge ihrer Sucht, über die Krankheit, welche das ganze Leben lang dauert und keinen Ausrutscher zulässt. Felix erklärte, er könne nicht umgehen mit Alkohol. Dieser habe ihn im Griff. Dazu komme, dass Alkohol, nicht wie andere Drogen, überall erhältlich sei. Jeder Schluck Bier sei zu viel und bringe ihn unweigerlich und in kurzer Zeit wieder zurück zum Wodka. Hinter den Anonymen Alkoholiker vermutete er zuerst eine Sekte oder eine Gruppe Gesundbeter. Diese seien ein rotes Tuch gewesen für ihn. Nachdem ihm klar wurde, dass er sich Hilfe holen müsse, um nicht sein Leben aufs Spiel zu setzen, habe er sich schlussendlich zu einem Besuch bei den AA entschlossen. Allmählich habe er Vertrauen in die Organisation gewonnen. Jetzt wisse er, dass er nicht allein sei mit dem Problem. Gute Gespräche und Zusammenkünfte, welche Hoffnung und Kraft geben, helfen ihm, nicht wieder zum Alkohol zu greifen.

 

Kirsten eröffnete ihre Erzählungen mit den Worten: "Ich bin noch nie in einer Kirche gewesen. Es ist mir wohl hier und das Gebet hat mich sehr angesprochen". Sie sei in ganz jungen Jahren bereits ein Profi gewesen und eine perfekte Lügnerin. Ihr Einstiegsgedanke sei der gleiche, wie bei vielen Jungen: "Alkohol schmeckt gut und macht lustig!" Sie habe gelernt, sich durchs Leben zu mogeln. Ihre Arbeit in der Gastronomie eines Skigebietes habe das Ganze noch gefördert. Bereits am Morgen habe man einen Apero getrunken. Arbeit ohne Alkohol ging dann irgendwann nicht mehr. "Ich schaffe es nicht, nein zu sagen und nicht schon am Morgen zu trinken." Das Ultimatum ihrer Chefin, entweder AA oder Kündigung, habe sie dann auf den heilenden Weg gebracht. Bei den AA habe sie die unterschiedlichsten Menschen getroffen: Anwälte, Ordensschwestern, Bauarbeiter und Hausfrauen. "Die AA liessen mir Zeit und unterstützten mich. Ich blieb dabei und wurde ehrlich zu mir. Und ich lernte die Scham und die Hemmungen über mein Problem abzulegen."

 

Anschliessend war Platz für Fragen aus dem Publikum, welche gerne wahrgenommen wurden und noch mehr ehrliche Antworten zu Alkoholkauf, elterliche Versäumnisse und kalten Entzug hervor brachten. Nach dem Fürbittgebet, einem letzten Zitherspiel und einem Foto - der Anonymität wegen von hinten - verabschiedete man sich und ging mit guten und dankbaren Gedanken nachhause.

 

Weiter Informationen über www.anonyme-alkoholiker.ch und

Hotline AA 0848 848 885 (24h)